GIAN SALIS ARCHITEKT DIPL. ETH/SIA
UMBAU HOCHSTUDHAUS ZU MUSIKERHAUS, KÜNSTLERHAUS BOSWIL
Studienauftrag 2014, 1. Preis, Planung 2018 - 2019, Realisierung 2019 - 2021
Bauherrschaft: Stiftung Künstlerhaus Boswil
Ingenieure: Makiol Wiederkehr, Beinwil am See; HKP Bauingenieure, Zürich
Bauleitung: Hüsser + Partner Architekten, Muri
Bauphysik: BWS Bauphysik AG, Winterthur
Kantonale Denkmalpflege Aargau: Philipp Schneider, Reto Nussbaumer
Umgebung: Jane Bihr – de Salis Landschaftsarchitektin BSLA, Kallern
Nominierung 'Die Besten 2021'
Die Aufgabe bestand darin, ein einfach gebautes, jedoch durch frühere Umbauten verschachteltes, denkmalgeschütztes Hochstudhaus umzubauen zu einem hellen luftigen Künstlerhaus.
Dabei wurde konsequent mit Holz gearbeitet: Fichte für die Tragstruktur, Tanne für den Innenausbau, Hagenbuche für die Möbel. Das alte rauchgeschwärzte Holz wurde nur gewaschen,
die abgewetzten Bodendielen gehobelt und neu verbaut. Je dunkler das Holz, um so älter ist es.
Das ehemalige Sigristenhaus von Boswil wurde um 1700 als einfaches Bauernhaus erstellt. Es bestand aus einem Wohntrakt in Bohlen-Ständer Bauweise und daran anschliessendem Tenn
und Stall in einer Hochstudkonstruktion – eine archaische, für den Aargau typische, Firstständerbauweise. Das Haus wurde mehrmals stark umgebaut, so wurde beispielsweise die
Dachtraufe über dem Wohntrakt angehoben, was zur geschwungenen Dachform geführt hat. Erhalten geblieben sind drei Hochstüde im Tenn. Es steht unter kantonalem Denkmalschutz.
Im Auftrag der Stiftung Künstlerhaus Boswil – einem Leuchtturm für klassischen Musik im Kanton Aargau – wurde es zum Künstlerhaus umgebaut. Nach einer genauen Analyse vom
Bestand wurden die neuen Nutzungen dort eingeplant, wo sie am besten in die alte Struktur passen: Im hohen Dachgeschoss entstanden zwei giebelseitig belichtete Proberäume
mit optimierter Akustik für Musik-Proben. In den alten Kammern im Obergeschoss sowie im Heustock wurden 7 Gästezimmer mit je eigenem Bad erstellt. Und in den alten Täfer-Stuben
im Erdgeschoss entstanden Büroräume, in den Ställen Werkstatt sowie Lager. Die gemeinsame Erschliessung erfolgt mit einer neuen Treppe im ehemaligen Tenn, wo alle im 20. Jh.
eingezogenen Böden ausgeräumt wurden, so dass der Hochstud bis in den First erlebbar wird. Durch ein vorgefundenes Dachziegelfenster fällt ein über den Tag wandernden Sonnenfleck
ins Tenn und belebt dieses. Weitere neue Sicht- und Lichtachsen geben dem Haus eine innere Grosszügigkeit.
Im Innern sind die alten Dachsparren erlebbar, darüber wurde eine die heutigen Anforderungen erfüllende Dachkonstruktion erstellt, welche auf der alten Auflastet. Dabei wurde
die bestehende Lastabtragung beibehalten und verstärkt. Es entsteht eine selbstverständliche Symbiose zwischen der bestehenden Tragstruktur und den Ertüchtigungsmassnahmen.
Beispielsweise wurden im Vordachbereich die neuen, entsprechend höher liegenden Sparren mit kleinen Pföstli auf die alten Pfetten abgestützt, gleichartig wie die alten Sparren
aufgeständert waren auf den Fusspfetten. Gedeckt wurde das Dach mit den alten Biber-schwanzziegeln, wobei keine Aufbauten oder Abluftrohre die Dachfläche stören. Da die Fassaden
aussen gut im Stande waren, wurden diese innenseitig mit einer neuen Tragstruktur verstärkt und gedämmt und teils die alten Täfer wieder eingebaut, teils neu vertäfelt. Das ganze
Haus musste auf neue Fundamente gestellt werden. Der neue Liftschacht sowie neue steife Platten in den Aussenwänden stellen die Aussteifung sicher. Der vergrösserte Anbau Ost
sowie die Verglasung des grossen Proberaums werden mit vorgestellten Lamellen gestaltet. Hinter den alten Fenstern wurden auf der Innenseite neue Fenster eingebaute. Die alten
Bohlen-Ständer-Wände wurden wo möglich sichtbar gelassen und nur gereinigt. Entsprechend der Nutzung waren hohe Anforderungen an Schallschutz und Brandschutz gestellt. Danke einem
objektspezifischen Brandschutzkonzept wurden auch im vertikalen Fluchtweg hölzerne Oberflächen möglich.
Publikation "Eins unters Dach gekriegt" PDF, © Hochparterre 2021/08
Publikation "Den Klang des Themas variieren" PDF, © Tec21 Sonderheft Holz 2021/07
Publikation "Klingendes Hochstudhaus" PDF, © Heimatschutz/Patrimoine 2021/47
Erdgeschoss  
Obergeschoss  
Dachgeschoss
 
 
 
 
Schnitt Tenn  
Schema Hochstudkonstruktion  
Schnitt Vordach
 
Situation